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Freundschaft

Freundschaften sind zerbrechliche und facettenreiche Gebilde. Aber auch etwas Wertvolles, wofür man gegebenenfalls mit Ernst, Eindringlichkeit und Opferbereitschaft kämpft.
"Hundert Freunde sind besser als hundert Rubel" - so ein russisches Sprichwort.
Was ist wichtig für das Entstehen und Fortbestehen zwischenmenschlicher Beziehungen? Viele Faktoren gilt es zu beachten. Letztlich sind auch subjektive Gesichtspunkte bedeutend. Es kommt auf die gegenseitige Einschätzung an. Resultiert diese doch vorwiegend "aus dem Bauch heraus".
Was geschieht, wenn nur eine Seite kein Interesse am potentiellen Gegenüber entwickelt? Vielleicht haben bestehende gemeinsame Themen an Bedeutung verloren. Mitunter verändern sich Menschen - gerade in fortgeschrittenem Alter. Unangenehme Eigenschaften können Raum gewinnen. Altersgeschwätzigkeit beispielsweise kann verschiedene Formen annehmen. Dies kann bis zur
Logorrhoe fortschreiten. Menschen, die von dieser seelischen Störung betroffen sind, reden mitunter stundenlang pausenlos und ohne auf ein Gegenüber zu achten. Für andere wird dieser zur unerträglichen Belastung.
Dann kann eine bisher bestehende Sympathie schwinden. Äußerst ungünstig und schwer zu vergessen sind Beleidigungen. So bedarf es einer sehr festen, in Jahren gewachsenen Freundschaft, um derartige Entgleisungen zu überwinden. Wenn beispielsweise jemand Leistungen eines anderen in Frage stellt, liegt ein Bruch nahe - besonders wenn der Kritisierende aufgrund seines mittelmäßigen Niveaus weit davon entfernt ist, jemandes allgemein anerkannte Spitzenstellung zu beurteilen.
Solche Vorkommnisse entziehen jegliche Basis für vertrauensvolle Nähe. Sie sind oft das Ende einer Beziehung.
Um dagegen Wohlwollen aufzubauen und zu erhalten, gilt es, ständig gleichsam auf ein fiktives
Beziehungskonto einzuzahlen. Hierzu das folgende Kapitel.
„Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“, aber auch Dienste, Anerkennung und andere Gesten des Wohlwollens und der Aufmerksamkeit sind nützlich für das Entstehen und Wachsen von Nähe, Gemeinsamkeiten und Vertrauen.
Fehlverhalten, wie es schon angesprochen wurde, ein Vertrauensbruch oder als unangenehm empfundene Eigenschaften können dagegen ein dauerhaftes Zerwürfnis herbeiführen – besonders wenn Anstößiges nicht aus der Welt geschafft wird oder wenn immer neue Belastungen für eine Beziehung hinzukommen. Zu "Vertrauensbruch" ein Beispiel unten.
Wer an andere zu hohe Ansprüche stellt, wird allerdings wenige Freunde haben. Realismus ist gefragt, um nicht zu vereinsamen. Manche Menschen sind allein, weil man ihnen Freunde gleichsam "backen" müsste. Es gilt, auch Unzulänglichkeiten anderer zu "schlucken", gleichsam "in Liebe zu ertragen".
Wir selbst können ja auch nicht Vollkommenheit bei uns annehmen. Den
"Balken im eigenen Auge" sehen wir regelmäßig nicht (Matthäus 7, 3). Toleranz und Vergebung sind nicht nur im Christentum wichtige Wertorientierungen. Feindesliebe und das Darbieten der anderen Backe im konkreten Leben schwer realisierbar aber als ideales Ziel nützlich (Matthäus 5, 39).
Man kann sich zur Bewertung von Menschen, die sich für das Eingehen oder Aufrechterhalten einer Beziehung eignen könnten, folgende Fragen stellen:
a) Wem kann ich vertrauen?
Wer im Geringsten treu ist, ist auch in vielem treu, und wer im Geringsten ungerecht ist, ist auch in vielem ungerecht. (Lukas 16, 10)
Manchen mag dies als ein zu strenger Maßstab erscheinen. Sie sprechen mitunter von "Gutmenschentum". Aber was wäre ein Leben Leben ohne Verlässlichkeit und Treue - Grundvoraussetzung für Beziehungen. Nur so wächst Vertrauen.

b) Gab es in der Vergangenheit erfreuliche Erfahrungen bei gemeinsamen Aktionen ? ( = „positive Veränderung eines fiktiven Beziehungskontos“ - dazu im nächsten Punkt.) Dies spricht für künftige fruchtbare Begegnungen oder gar gemeinsame Projekte.

c) Wer lebt in einer ähnlichen Vorstellungswelt und hat ähnliche Wertmaßstäbe? Annahme: Jemand orientiert sein Denken und Handeln an der Bibel.
Psalm 23 ist beispielsweise ein Ankerpunkt. Mit Menschen, die dies ablehnen, wird man keine harmonische Begegnung haben können.
So sagte mir jemand einmal: "Wenn man auf Gottes Hilfe hofft, wartet man Jahrhunderte vergeblich". Auch andere Äußerungen und Taten signalisierten deutlich: Besser alle Kontakte abbrechen und auf größtmoglichen Abstand achten!

d) Wer benutzt eine Sprache und Umgangsformen, die einen Austausch von Ideen und Gefühlen fördern?
Hieraus können Gemeinsamkeiten entstehen. Nützlich ist eine selbstkritische Haltung. Fehler unterlaufen jedem Menschen. Rechthaberei und Selbstgefälligkeit wirken als "Sand im Getriebe" und fördern Irritationen und eine bestehende Kluft.
Unerträglich ist auch der Umgang mit Menschen, denen es an Selbstbeherrschung fehlt. Sie stellen eine Gefahr dar für sich selbst aber auch für andere.
Immer wieder begegnet man also auch Menschen, die einem unangenehm sind - sogar wenn man von ihnen Post oder eine Email erhält. Oder auch bei unerwünschten Anrufen. Vielleicht treten sie zu selbstsicher und etwas ungehobelt auf. Sie bilden sich etwas ein auf materielles Vermögen, vermeintlich wertvolle Fähigkeiten oder überschätzte Erfolge längst vergangener Zeiten. Sie glauben, durch ihre arrogante Einstellung und Verhaltensweise für sich Vorrechte in Anspruch nehmen zu können. Ihr Lebensmotto ist offensichtlich: "Frechheit siegt".
Mitunter spielen auch eine altersbedingte Einschränkung des Erkenntnisvermögens und Starrsinn eine Rolle - dazu unten. Gelegentlich resultiert daraus eine Ruppigkeit. Vielleicht sogar ein Mangel an Anstand und Selbstbeherrschung, der bis zur Gefährdung des eigenen und fremden Wohlergehens fortschreiten kann. Derartiges stößt irgendwann auf Grenzen. Auch Naiven und Gutgläubigen geht irgendwann ein Licht auf.
Es bedarf dann eines deutlichen Denkzettels.
Die bedauernswerte Frau eines derartigen Zeitgenossen erzählte mir von ihrem drakonisch anmutendem Handeln, das hier aber nicht berichtet werden soll. Gelegentlich bilden sich derartige Individuen in ihrer Verblendung auf ihr abstoßendes Auftreten noch etwas ein. Wie sie andere verletzen, kommt ihnen nicht in den Sinn.
Manche steigern ihre negative Wirkung gar noch durch Vorwürfe, den Versuch einen Keil in andere Beziehungen zu treiben, Drohungen oder das Brüsten mit ihrer Härte und dem Druck, den sie zu entfalten glauben.
Dies erinnert an ein Märchen, aus dem man lernen kann:
Ein Kaiser, dem neue und wertvolle Kleider wichtig waren. So beauftragt er zwei Schneider, ihm für viel Geld neue Gewänder zu nähen. Diese reden ihm ein, die Kleider seien nicht gewöhnlich, sondern könnten nur von besonderen Menschen gesehen werden, die nicht dumm seien. Tatsächlich geben die beiden Betrüger nur vor, zu weben und letztlich dem Kaiser die Kleider zu überreichen. Aus Eitelkeit, Orientierungslosigkeit und völliger Verblendung gesteht er sich und anderen nicht ein, dass er selbst die Stoffe auch nicht sieht. Dennoch redet er sich ein: "Dumm bin ich nicht". Auch die Menschen, denen er seine neuen Kleider vorführt, äußern Begeisterung über die scheinbar schönen Kunstwerke. Der Schwindel fliegt erst auf, als ein Kind ausruft, der Kaiser habe gar keine Kleider an. (Andersen, Hans Christian). Ähnlich verhält es sich mit dem Falschfahrer auf der Autobahn:
Er hört die Warnung im Radio, es könne jemand auf der falschen Fahrbahn entgegenkommen. Und er denkt: "Blödsinn! Nicht einer! Hunderte!"
Wie urteilt und verhält man sich nun angemessen? Wenig sinnvoll ist es, viel Zeit, gute Laune und Energie mit Gedanken an belastende und uneinsichtige Menschen zu verschwenden. Dies ginge zu Lasten derer, mit denen ein seelischer Gleichklang besteht. Ein Umgang mit belastenden "Typen" wäre äußerst lästig und vielleicht schädlich für den eigenen Seelenfrieden - auch wenn man nur selten etwas voneinander hören würde. Wäre doch ein Nachdenken über deren Pöbeleien unsinnig.
Also: Briefe ungeöffnet in den Papierkorb, Emails ungelesen löschen, bei Anrufen sofort auflegen! Ein derartig deutliches Bekunden, dass weitere Kontakte unerwünscht sind, wird mitunter nicht akzeptiert. Dann hilft nur unnachgiebige Festigkeit, bis beim anderen die Einsicht Platz greift, dass Annäherungsversuche jeder Art zwecklos sind.
"Die Antwort auf Toren ist Schweigen" (asiatisches Sprichwort).
Bei Beziehungen, die über Jahrzehnte bestanden haben, mögen derartige Zurückweisungen schmerzlich sein. Ein zu sentimental geprägtes Nachgeben könnte hier die Dauer eines für empfindsame Gemüter belastenden Schwebezustandes nur unnötig verlängern. Eine souveräne Haltung ist gefordert. Als schädlich und völlig unnütz erweist sich regelmäßig ein Rechten im Stil von: "Du hast versprochen" oder "ich habe erwartet".Mitunter braucht es geraume Zeit, bis solche Beendigungen von Beziehungen überwunden sind. Manche ertragen auch nicht, dass andere nichts mehr mit ihnen zu tun haben wollen.
Im beruflichen und privaten Leben kommt es allerdings vor, dass ein völliger Bruch sich nicht realisieren läßt. Dann gilt es, erträgliche Formen einer distanzierten Begegnung zu erarbeiten und zu kultivieren.


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